Hier eine kleine Geschichte von der Situation nach dem Krieg in Minden:
1946: Selbstversorgung in Sachen TABAK
Harte Zeiten waren es nach dem Krieg. Wir lebten von Lebensmittelkarten und unserem kleinen
Garten in Dankersen. Mein Vater war gerade aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrt und
freute sich darauf, nach so langer Zeit wieder eine Pfeife rauchen zu können. Aber wie? Tabak war Mangelware, kaum zu bekommen.
Da entdeckte ich bei meinem befreundeten Nachbarn Karlchen Detering im Garten meterhohe
Pflanzen mit dicken Blättern: Tabakpflanzen! Ich wollte nun meinen Vater überraschen. Karlchen
gab mir ein paar ganz kleine junge Tabakpflanzen, die ich sogleich bei uns einpflanzte und
regelmäßig begoss. Nach einigen Monaten waren die Pflanzen groß, und die grünen Blätter
wurden allmählich gelbbraun. Mein Vater, inzwischen aufmerksam geworden, war Feuer und
Flamme. Wir lösten die großen reifen Tabakblätter vom Strauch, zogen sie auf lange Schnüre und hängten sie auf den Dachboden, damit sie dort noch ein paar Wochen richtig trockneten. Dann folgte die eigentliche Ernte: die knisternden Blätter wurden abgenommen, ohne weitere Behandlung zerknittert und dem Pfeifenkopf zugeführt. Mein Vater zündete die erste Pfeife an, sog vorsichtig und – strahlte. Dann ließ er auch mich kosten, aber ich Elfjähriger musste husten. Er klopfte mir auf den Rücken, aber er ernannte mich zum Tabak-Gärtner.
Bis zur Währungsreform 1948 habe ich diese Aufgabe wahrgenommen; danach gab es genug
richtigen Fein- und Krüllschnitt beim Tabakhändler um die Ecke.
Manfred Schroeder, Juni 2021